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Auftrag annehmen oder ablehnen? 7 Kriterien für deine Entscheidung

Geschrieben von Ella-Roosa Koivupuro | 08.02.18 09:51

Kommen dir folgende Situationen bekannt vor?

Ein Kunde kontaktiert dich und ist an deinen Leistungen interessiert. Du merkst schon beim ersten Gespräch, dass er etwas schwierig ist oder dass das, was er von dir erwartet, nicht ganz deiner Kernkompetenz entspricht. Deine Auftragslage ist jedoch gerade etwas mau und du könntest das Geld gut gebrauchen. Oder du wirst für ein wirklich tolles Projekt angefragt – nur leider für einen Bruchteil deines gewöhnlichen Honorars. Nun bist du hin- und hergerissen und fragst dich: Soll ich den Auftrag annehmen oder nicht?

Als Selbstständige*r hast du es tagtäglich mit potentiellen Kund*innen und Auftraggeber*innen zu tun. Und natürlich wollen die Rechnungen am Ende des Monats bezahlt werden. Der Druck, gut bezahlte Aufträge zu finden, kann dabei enorm sein. Andererseits möchtest du dich auch beruflich weiterentwickeln, Neues lernen und an Projekten arbeiten, die deiner Leidenschaft entsprechen – deshalb hast du dich ja für die Selbständigkeit entschieden.

Hier sind einige hilfreiche Tipps, welche Kriterien du bei einem Auftrag berücksichtigen solltest.

Auftrag annehmen – oder nicht? 7 Kriterien als Entscheidungshilfe

1. Kalkulation: Rechnet sich der Auftrag?

Dies ist die wichtigste Frage, die du dir bei jedem Auftrag stellen solltest. Wenn du merkst, dass der Aufwand für ein Projekt nicht im Verhältnis zum Preis steht, solltest du vorsichtig sein. Schlecht bezahlte Aufträge – vor allem solche, die dich und dein Team komplett beanspruchen – sind Gift für dein Business und können dir langfristig schaden. Denn kommt nicht genügend Geld rein, entsteht schnell ein Teufelskreis:

Damit überhaupt etwas auf dein Geschäftskonto eingeht, nimmst du verzweifelt jeden Auftrag an und bist nicht mehr wirklich frei in deinen Entscheidungen. Du hast kaum noch Zeit, dich auf deine eigentliche Expertise zu konzentrieren oder in deine eigene Weiterbildung zu investieren. Langfristig riskierst du, nicht nur finanziell zu verlieren, sondern auch in anderen Bereichen immer öfter Kompromisse einzugehen.

Daher gilt: Auch wenn du gerade dringend einen neuen Auftrag benötigen könntest, solltest du dir gut überlegen, ob du deine Zeit und deine Ressourcen wirklich in ein schlecht bezahltes Projekt stecken willst oder ob du sie lieber für die Aufträge mit einem angemessenen Freelancer-Stundensatz nutzt.

2. Referenz: Ist der Auftrag gut fürs Image?

Hast du ein Angebot für einen interessanten Lehrauftrag bekommen? Oder wurdest du von einem Verein für eine Aktion angefragt?

Ab und zu gibt es Aufträge, die nicht sehr gut bezahlt sind, aber eine tolle Referenz darstellen. Dazu gehören beispielsweise Hochschulen, Behörden oder Vereine. Auch wenn die Bezahlung niedriger ausfällt, kann ein Auftrag dieser Art viele Vorteile bringen, z. B. Sichtbarkeit (regional oder überregional), Zugang zu einer bestimmten Zielgruppe oder wertvolle Kontakte zu Schlüsselpersonen einer Branche. Wenn die Vorteile für dein Business klar überwiegen und du dir den Aufwand zeitlich und finanziell erlauben kannst, kann das Honorar auch mal zweitrangig sein.

3. Auslastung: Kannst du die gewünschte Leistung liefern?

Jede*r Selbstständige*r freut sich darüber, wenn die Kundenanfragen langsam mehr werden. Bevor du jedoch Ja zu einem neuen Auftrag sagst, solltest du immer erst prüfen, ob du ihn wirklich in gewohnter Qualität bis zur gewünschten Deadline erledigen kannst – ganz gleich wie verlockend das Angebot im ersten Moment erscheinen mag. Bist du bereits komplett ausgebucht und hat dein Team seine Kapazitätsgrenze erreicht? Wenn du unüberlegte Entscheidungen triffst, läufst du Gefahr, dass dein*e Kund*in am Ende unzufrieden mit dem Ergebnis ist. Damit setzt du nicht nur die Kundenbeziehung, sondern auch deinen Ruf aufs Spiel.

4. Spaß: Brennst du für das Thema?

In diese Kategorie fallen Projekte, die Freude machen, aber die nur wenig Geld bringen. Oft handelt es sich dabei um sogenannte Herzensprojekte. Vielleicht engagierst du dich auch für einen guten Zweck oder hilfst bei einer inspirierenden Veranstaltung? Diese Art von Aufträgen ist wertvoll und kann dir persönlich sehr viel geben. Behalte deine Finanzen und die aufgewendete Zeit jedoch stets im Blick und achte darauf, dass Engagements dieser Art nicht die Überhand nehmen.

5. Abhängigkeit: Ist der Auftrag eine Nummer zu groß? 

Ein großer Auftrag klingt im ersten Moment wie ein Sechser im Lotto. Da kann die Versuchung groß sein, möglichst schnell zuzuschlagen. Doch gerade für kleine Unternehmen kann ein Großauftrag zu einer Abhängigkeit führen: Aufgrund der hohen Auslastung leidet die Akquise, und bei Problemen (z. B. Verzögerungen bei der Bezahlung) kann die Situation für dein Business schnell existenzbedrohend werden. Denn meistens sitzt der Großkunde am stärkeren Hebel und kann die Bedingungen diktieren. Achte deshalb darauf, dass der Umsatzanteil eines einzelnen Kunden 10–20 % nicht übersteigt. So kannst du deine Ressourcen besser aufteilen, das finanzielle Risiko minimieren und deine Unabhängigkeit beibehalten.

6. Positionierung: Passt der Auftrag wirklich zu mir?  

Eine alte Marketing-Weisheit lautet: Wenn Du alle ansprechen willst, wirst Du niemanden erreichen.

Positionierung ist ein Begriff aus dem Marketing. Er beschreibt, wofür dein Business steht und was dich einzigartig macht (z. B. deine Geschichte, deine Vision, deine Werte). Eine strategische Positionierung hilft dir dabei, von deinen Zielkund*innen als Expert*in wahrgenommen zu werden und genau die Kund*innen anzuziehen, die zu dir passen. Gerade für kleine Unternehmen ist dies die beste Strategie, um langfristig auf dem hart umkämpften Markt zu überstehen.

7. Bauchgefühl: Stimmt die Chemie? 

Kommen dir die Versprechen eines potentiellen Kunden zu gut vor, um wahr zu sein? Oder hast du trotz stimmiger Modalitäten ein mulmiges Gefühl?

Wenn du es dir leisten kannst, solltest du auf deine Intuition hören und den Auftrag notfalls ablehnen. Es kann gut sein, dass du unbewusste Warnsignale wahrgenommen hast und du es mit einem unseriösen Kunden zu tun hast. Vielleicht sind deine Sorgen auch unbegründet, aber die Chemie stimmt einfach nicht. In beiden Fällen gilt: Vertrauen ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit mit Kund*innen. Fehlt das gegenseitige Vertrauen, sind Spannungen und Konflikte vorprogrammiert und aus einem guten Auftrag wird schnell ein schlechter Auftrag.

Warum ein "Nein" manchmal besser für dein Business ist

Wenn du noch am Anfang deiner Selbständigkeit stehst, bist du vielleicht noch nicht in der glücklichen Lage, dass du dir deine Aufträge aus einer Fülle von Angeboten herauspicken kannst. Die Verlockung ist groß, erst mal jeden Auftrag anzunehmen, der kommt.

Um langfristig erfolgreich zu sein, solltest du aber schon früh deine eigenen Auswahlkriterien festlegen und darauf achten, dass du dich nicht in falschen Projekten verzettelst.

Einen Auftrag ablehnen kann dir manchmal dabei helfen, deine Ressourcen zu schützen. So kannst du all deine Energie dafür nutzen, fokussiert ein profitables Business mit deinen Wunschkund*innen aufzubauen.

Auftrag ablehnen – wie sagst du deinem Kunden?

Da hilft nur: Ehrlichkeit. Erkläre deinem oder deiner Kund*in freundlich und nachvollziehbar, warum die Zusammenarbeit in diesem Fall für dich nicht machbar ist.

Bleibe dabei freundlich und sachlich. Überlege dir, ob du auf andere Weise helfen kannst: Vielleicht kennst du andere Selbstständige, die du für das Projekt weiterempfehlen kannst?