Als ausgebildete Journalistin weiß Medien Coach Marike Frick genau, was Journalisten wollen. In ihren Kursen und Trainings zeigt sie Selbstständigen und Gründern, wie man erfolgreiche Pressearbeit selbst machen kann - und das, ohne eine einzige Pressemitteilung zu schreiben. Wie das funktioniert, verrät Marike im Interview.
Marike Frick zeigt selbstständigen Unternehmern und Einzelkämpfern, wie sie erfolgreiche Pressearbeit ganz leicht selbst machen können.
Das Thema entdeckte die PR-Expertin eher zufällig, als sie aus familiären Gründen in die Schweiz zog und sich dort in einen Coworking Space einmietete. Während ihrer Gespräche mit anderen Gründern stellte sich heraus, dass viele enttäuscht über die ausbleibenden Reaktionen von Journalisten waren. Marike organisierte kurzerhand ein kleines Seminar und erkannte, dass es in diesem Bereich noch reichlich Aufklärungsbedarf gab.
Aus Erfahrung weiß sie heute, dass viele Selbstständige noch immer eine falsche Vorstellung von Pressearbeit haben: “Sie denken, man muss eine Pressemitteilung schreiben, gut im Schreiben sein, möglichst 2 Din A4-Blätter Text vollkriegen und diese dann an ganz viele Journalisten schicken. Meine Vision ist es, dies aus den Köpfen rauszukriegen und zu zeigen: Es geht auch anders!”
Es bringt neben Sichtbarkeit vor allem Prestige. Presse, Bühne, Buch – das sind so die drei Dinge für Experten, die Glaubwürdigkeit und Prestige bringen.
Man kennt es ja von Websites. Dort gibt es diese Banner „Bekannt aus“ mit Logos von Zeitungen, Magazinen oder Websites. Das macht natürlich was her, wenn jemand zum ersten Mal auf die Seite kommt.
Ich denke da an die schöne Story von einer Kundin, die es ins Fernsehen geschafft hatte. Sie wurde danach in ihrem Ort auf der Straße angesprochen: „Sie sind aber erfolgreich, ich habe Sie neulich im Fernsehen gesehen!“
Das hängt immer etwas vom Business ab. Ganz oft ist es nicht unbedingt das Erste, was man machen sollte, denn der Website-Aufbau und das ganze Online-Marketing brauchen Zeit. Da ist Pressearbeit eher etwas, was man später angehen kann, wenn man seinen Expertenstatus ausbauen möchte.
Wenn man aber beispielsweise ein Buch herausbringt, ein Yogazentrum eröffnet oder ein Geschäft aufmacht, da braucht man die Lokalpresse. Es gibt also ein paar Ausnahmen, bei denen es auf jeden Fall Sinn macht, von Anfang an auch das Thema Pressearbeit anzugehen. Wenn ich ein Buch herausbringe bringt es ja nichts, erst zwei Jahre nach der Veröffentlichung mit der Pressearbeit zu beginnen.
Zu den meisten Selbstständigen sage ich aber: Arbeite erst mal deine anderen Baustellen ab.
Wenn ich als Journalistin auf eine Website gehe, ist es mir wichtig, dass da sofort klar ist, worum es geht und dass irgendwo auf der Website der Mensch zu sehen ist.
Journalisten interessieren sich eher für Menschen als für Produkte. Das hat auch was mit Sympathie zu tun. Viele Gründer verstecken sich ganz hinter ihrer Website bzw. dem Produkt, und dann ist es nicht mehr so interessant für einen Journalisten, der ja eher gerne Gründergeschichten mag.
Ganz typische Fehler sind: Es wird eine Pressemitteilung geschrieben, die sehr förmlich und trocken formuliert wird, fast schon in einem Verwaltungsstil oder wie in einem Deutsch-Aufsatz, weil die Leute denken, dass sie etwas ganz Formelles und ganz viel Text schreiben müssen. Und dann schicken sie das Ganze an eine offizielle Redaktionsadresse wie info@... oder an die Adresse, wo die Leserbriefe ankommen.
Das Problem: Da scannt vielleicht einmal am Tag jemand die 300 E-Mails durch, die in dem Postfach landen, aber die meisten dieser E-Mails werden nie geöffnet!
Ein weiterer typischer Fehler ist, dass die Betreffzeile der Email völlig uninteressant klingt. Zum Beispiel im Fall von euch [Holvi] etwas wie ´Pressemitteilung: Finanzen für Selbstständige´
Das ist kein Thema, das ist nur ein Bereich. Da steckt keine Story dahinter, und solche Betreffzeilen werden von Journalisten gar nicht erst geklickt!
Es ist auch möglich, dass jemand wie der Redaktionsassistent die E-Mail öffnet, aber die Nachricht landet nicht bei der Person [Anm: bezogen auf Holvi und das Thema Finanzen], die sich z.B. mit Finanzen, Gründern oder Selbstständigen beschäftigt. In dem Fall können die Personen dann oft gar nicht einschätzen, ob es sich für ein spannendes Thema handelt.
Dann gibt es jene, die ihre eigene Geschichte anbieten möchten, aber eine viel zu lange E-Mail mit allen Details schreiben. Auch das liest leider niemand.
Unheimlich viele! Der durchschnittliche Redakteur bekommt sicher Hunderte Pressemitteilungen am Tag. Die kann man gar nicht alle lesen oder öffnen. Da scannt man wirklich nur noch den Posteingang durch und guckt, ob das Auge an irgendwas hängen bleibt.
Ganz viele Gründer und Selbstständige denken dann: Der hat mich jetzt abgelehnt, dabei ist die Nachricht vielleicht gar nicht gelesen worden.
Das heißt: Das Ganze ist tatsächlich etwas mehr Fleißarbeit. Aber dafür spart man sich, wenn man es richtig macht, dann das Schreiben der Pressemitteilung, was für viele Selbstständige ganz viel Mühe bereitet.
Am einfachsten tatsächlich ist ein kurzer Anruf an die Redaktion. Meistens steht im Internet eine allgemeine Nummer, und in vielen Fällen landet man darüber bei der Redaktionsassistenz. Diese Person kennt normalerweise alle Redakteure und kann Auskunft darüber geben, wer für welches Thema der richtige Ansprechpartner ist.
Im Impressum stehen außerdem oft die verschiedenen Ressorts und Ansprechpartner. Das ist ein bisschen Fleißarbeit, aber man soll ja auch nicht 300 E-Mails rausschicken, sondern eher nur 10 – aber dafür mit besseren Themenvorschlägen!
Ungewöhnliche Stories, Stories in denen Krisen vorkommen und wie man die überwunden hat oder auch Superlativen sind für Journalisten interessant, z. B. wenn man in etwas Erster oder Jüngster ist.
Wenn es eher darum geht, das eigene Expertenwissen zu teilen, dann ist es sinnvoll Themen anzubieten, die genau zu der Zielgruppe der Publikation passen.
Der dritte wichtige Punkt sind Meinungen oder Haltungen. Wenn jemand sagt [Anm: bezogen auf Holvi und das Thema Finanzen]: “Selbständige, hört auf, euer Geld zu verbrennen!” oder “Warum es fatal ist, dass so viele Selbstständige ohne Businessplan starten” – dann ist das eine Meinung, und die darf auch gerne mal kontrovers sein.
Ich gebe immer gerne das Beispiel: Bei dem Satz „Donald Trump ist doof“ – da nicken alle mit dem Kopf. Aber wenn ich sage: „Was sind drei Dinge, die sich alle Frauen von Donald Trump abschauen sollten“ - dann wird der Journalist neugierig!
Das heißt: Themen also ruhig mal so formulieren, dass sie gegen Strom oder kontrovers sind.
Nicht jeder hat vielleicht die Story, die gleich umhaut im Stil von Hollywood. Aber du kannst dir vielleicht überlegen:
Habe ich schon eine Krise erlebt?
Habe ich etwas erlebt, was noch keiner erlebt hat, was dann zur Gründung führte?
Habe ich mich gewandelt?
Das sind ja auch die Geschichten, um die es im Kino geht: Helden erleben was, Helden verwandeln sich oder erleben ein Problem und überwinden es.
Das ist das, wo man mal bei sich gucken kann: Gab es einen Auslöser für meine Gründung?
Manchmal sind es auch kleine Geschichten. Ich hatte zum Beispiel eine junge Frau als Kundin, die als Schokoladen-Sommelier arbeitet. Als Kind hat sie Schokolade gehasst! Sie hat nie Schokolade gegessen, nicht mal während ihrer Konditorausbildung – bis sie dann irgendwann selbst Schokolade gemacht hat. Und schon das ist eine kleine Story über einen Wandel: „Früher habe ich Schokolade gehasst, heute stelle ich selbst Schokolade her“
Für die Lokalzeitung ist so eine Geschichte oft schon ausreichend. Es muss also nicht immer Hollywood sein!
Die Lokalzeitung ist generell immer mein erster Tipp. Es ist nicht so schwer da reinzukommen, man bekommt schon mal ein Gespür dafür, wofür sich Redakteure interessieren, wie ein Interview abläuft und ob man sich dabei wohlfühlt.
Es ist wie eine kleine Lernstunde.
Vielen Dank für das Interview!